Wirtschaftsexperte Winfried Sobottka zur politischen Lage am 18. April 2011 / UNITED ANARCHISTS


Belljangler:Wirtschaftsexperte Winfried Sobottka, die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P), senkt den langfristigen Ausblick der Kreditwürdigkeit der USA von „stabil“ auf „negativ“. Was bedeutet das?“

Winfried Sobottka: „Die USA sind finanziell theoretisch am Ende, kein Privatmann mit ihren Finanzen würde noch irgendwo auch nur einen Cent Kredit bekommen. Man wird das gesetzlich erklärte Schuldenmaximum von 14,3 Billionen Dollar anheben müssen, um weiter regieren zu können. Allerdings gibt es für Staaten keine geregelte Insolvenz, und theoretisch haben sie auch ja stets die Möglichkeit, aus einer solchen Klemme wieder heraus zu kommen.

Würden die USA die Steuern für die Reichen erhöhen, dann könnten sie die Schuldenlast ja reduzieren, und solange es genügend Geld in den USA gibt, sagen die Gläubiger sich zunächst: „Die USA werden ihre Schulden schon bezahlen.“ Das beruht dann nicht mehr auf üblichen Bonitätsüberlegungen, sondern darauf, dass man sich im Prinzip sagt: „Die USA können es sich international nicht leisten, ihre Schulden nicht zurück zu zahlen, bevor sie es soweit kommen lassen, verkaufen sie eher ihre Flugzeugträger und Panzer.“

Bemerkenswert ist dabei zunächst, dass die als renommiert geltende Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) diesen USA derzeit noch ein „AAA“ Rating gibt, es wäre interessant zu erfahren, wie sie das im Falle der USA ermittelt haben. Interessant aber auch, dass die USA in der langfristigen Sicht heruntergesetzt wurden, das ist eindeutig der Versuch, die Politiker unter Druck zu setzen.“

Belljangler:“Warum sollte wer die Politiker unter Druck setzen?“

Winfried Sobottka: „Wie ich in einem Artikel über den eigentlichen Zweck der Fiskalpolitik

https://belljangler.wordpress.com/2011/03/26/wirtschaftsexperte-winfried-sobottka-uber-fiskalpolitik-und-irland-angela-merkel-wolfgang-schauble-gerhard-schroder-proteste-grosbritannien-raubtierkapitalismus-womblog-prof-dennis-snower-han/

dargelegt habe, müsste Fiskalpolitik darauf angelegt sein, die gewollten staatlichen Aufgaben zu finanzieren, zumindest langfristig. Diesem Zwecke dient die Fiskalpolitik in den kapitalistischen Ländern aber erkennbar nicht, schließlich wachsen die Staatsschulden selbst in den reichen Ländern ja seit Jahrzehnten massiv an. Steuersätze wurden und werden eben nicht in Abhängigkeit vom öffentlichen Finanzierungsbedarf berechnet, sondern eindeutig aus dem Bauch vorgegeben, im Grunde stets nach den Wünschen der Reichen. Jedenfalls stark überzogene Steuersenkungen zum Vorteil der Reichen haben zu nur ungenügender Finanzierung der Staaten geführt, während man die Beschenkung der Reichen nicht in vollem Umfange durch Kürzung von Staatsausgaben realisieren konnte oder wollte.

Die Staatsschulden sind damit zu einem latenten Umverteilungspotential geworden, zum Ausdruck objektiv überzogener Steuersenkungen zu Gunsten der Reichen, wobei die Reichen den Umverteilungsgewinn schon eingestrichen haben bzw. einstreichen, während die Last noch nicht verteilt ist. Die Superreichen geben erfolgreich ihr Bestes, dass die Schulden nicht durch Steuererhöhungen beglichen werden, während die Politiker sich noch scheuen, die Schulden durch Abbau sozialer Leistungen usw. einzudämmen. Um den Politikern Druck zu machen, sich allmählich ganz aus der Sozialpolitik zu verabschieden, solange dort noch mindestens ein Cent ausgegeben wird, haben die Politiker auf Druck des Großkapitals Schuldenbremsen in irgendeiner Form in ihre Gesetzbücher geschrieben, und S & P gibt die negative Einschätzung in einer Zeit ab, in der ein Streit zwischen „Demokraten“ und „Republikanern“ genau darüber läuft, ob die Schulden durch weiteren Sozialabbau und ähnliches, oder durch Steuererhöhungen finanziert werden sollen.“

Belljangler: „Aus Sicht der Superreichen sind Staatsschulden geplanter Abbau von Staatsapparat und Sozialleistungen?“

Winfried Sobottka: „Geplante Steuererhöhungen werden die Staatsschulden aus Sicht der Superreichen nicht sein, wie man den Worten neoliberaler Hardliner klar entnehmen kann, ob in den USA oder anderswo.“

Belljangler: „Du hast schon mehrfach moniert, die „Schuldenbremse“ z.B. im Grundgesetz, habe den Zweck, Sozialausgaben völlig unabhängig vom sozialen Bedarf zu senken: Wenn die Politiker sagen: „Kein Moos da!“, dann werden Sozialausgaben eben nicht erhöht oder sogar gesenkt… Gehst Du davon aus, dass die Staatsschulden von den Superreichen gezielt produziert wurden, unter Einsatz ihrer Marionetten in Politik, Medien, Verbänden usw?“

Winfried Sobottka: „Ihre führenden Köpfe haben nicht ausnahmslos nur Gips in ihren Köpfen. Geht man von der Zielsetzung der Superreichen aus, sich selbst reicher und aller anderen ärmer zu machen, um dafür zu sorgen, dass man sich ihren Beliebigkeiten zu beugen hat, wenn man materiell versorgt sein will, dann liegt es doch auf der Hand.

Umverteilung von allen anderen zu ihnen hin ist damit ihr absolutes Oberziel, und Umverteilung bedeutet stets für einen Gewinn, für den anderen aber Verlust. Die Steuergeschenke an die Superreichen, die die Regierung Gerhard Schröder und Joschka Fischer, SPD und Die Grünen, verteilten, waren zum einen gar nicht gegen finanziert und zum Teil durch Senkung der Sozialausgaben. Hätte man die Steuergeschenke vollständig durch Sozialabbau gegen finanziert, dann hätte man Hartz-IV auf einem so niedrigen Niveau festlegen müssen, dass man es damals nicht durchgesetzt bekommen hätte.

Auch hier sind die Staatsschulden also Ergebnis des Umstandes, dass man Steuersätze völlig frei von Etaterfordernissen senkte, wovon die Superreichen unmittelbar profitierten: Sie zahlten und zahlen weniger Steuern, als es nach Maßgabe solider Fiskalpolitik nötig war und ist, die Steuervorteile der Reichen decken sich hier 1:1 mit Staatsschulden.

Die Superreichen profitieren aber auch noch mittelbar von dieser fiskalpolitischen Todsünde: Indem der Staat sich verschuldet, muss er sich zum Schuldner des Kapitals machen, und diesem Zinsen zahlen.“

Belljangler: “Diesen Umständen sind die horrenden Staatsdefizite zu verdanken?“

Winfried Sobottka: „Wer das noch nicht verstanden hat, wird es noch verstehen. Es wird sich zeigen, wer das alles mitmachen will, und wer nicht. Das System geht letztlich mit allen so um, dass kaum jemand sich dabei wirklich wohl fühlt, das System erzeugt permanent immer mehr gesellschaftliche Verlierer usw. – und man wird z.B. im Falle des Obama sehen, ob er ein willfähriger Knecht der Ultrakapitalisten auch dann noch ist, wenn soziales Elend nicht mehr vermieden, sondern nur noch durch Law & Order in Schach gehalten werden soll. Derzeit sagt er, er wolle keine Politik gegen Amerika machen. Es ist weder auszuschließen, dass Obama noch zu wahrer Größe aufsteigt, indem er zeigt, dass er endlich verstanden hat, noch ist es auszuschließen, dass er das macht, was das Großkapital von ihm erwartet. Aber was er auch tun mag – es wird so oder so Richtung Änderung führen, entweder durch politische Gestaltung, oder durch Systemzermürbung aufgrund zunehmend spürbarer und wachsender Probleme.

Ich vertrete schon seit einiger Zeit die Meinung, dass einige Dinge sich in absehbarer Zeit von selbst regeln werden, völlig egal, was die Politiker machen. Japan hält so manchen vor Augen, was von parlamentarischer Demokratie zu halten ist, und die Erzeugung von Schulden für Steuergeschenke ist bereits jetzt enorm schwierig geworden. Schwierig ist es auch, die hohen Zinsen zu zahlen, die öffentliche Institutionen für ihre hohen Schulden zahlen müssen. Schwierig ist es auch, erschwert zusätzlich durch das Urteil des BVfG, im Hartz-IV-Bereich zu kürzen.

Die Griechenland-Krise – wie auch immer sie damit umgehen werden – ist eine Krise, die nicht behoben, sondern permanent verschlimmert wird. Ein wirtschaftlich schwaches und überschuldetes Land, das hohe Zinsen zahlen muss, zusätzlich gebeutelt von starker Kürzung der Staatsausgaben, soll nun wie ein Phönix aus der Asche steigen und zur Exportnation werden.

Das ist der Grundgedanke, den alle hegen. Dabei hat das deutsche Großkapital den Einzelhandel in Griechenland schon überwiegend in seinen Händen, greifen deutsche Unternehmen in Griechenland längst ab, was abzugreifen ist. Ebenso gut könnten sie mich für die Teilnahme an der nächsten Olympiade im Turnen anmelden, das hätte den gleichen geistigen Wert.

Sie haben, nicht nur in Form von Staatsschulden, Jahrzehnte lang Probleme aufgetürmt, und nun wird deren Wirkung am verschiedenen Fronten spürbar und vor allem auch unaufhaltsam immer spürbarer. Solange nicht Gundlegendes geändert wird, wird der Problemdruck nun rasant größer. Es wird, so oder so, zu grundlegenden Änderungen keine Alternative geben, und daher wird es zu ihnen kommen. Das ist Fakt.“

Liebe Grüße

Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka, UNITED ANARCHISTS und Order of ?

http://www.freegermany.de/apokalypse20xx.html

Über belljangler
Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka, geb. 16.07.1958 in Waltrop, Kreis Recklinghausen, wohnhaft: Karl-Haarmann-Str. 75 in 44536 Lünen, Tel. 0231 986 27 20

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