Sherlock Holmes: Die Sahnehaube auf dem doppelten Drosselkabel /Polizei Hagen, Ruhrbarone, Frankfurter Rundschau, Sylvia Löhrmann, Krimi, Gestapo
September 22, 2011 Hinterlasse einen Kommentar
Sherlock Holmes: „Good Evening, Mr. Sobottka. Ihr Englisch ist nicht unbedingt das feinste, aber die Amerikaner können es ja auch nicht besser:
Und immerhin haben Sie es nun endlich verstanden, was die Voraussetzung für gute Detektivarbeit ist. Sagen Sie es!“
Winfried Sobottka: „Good evening, Mr Holmes… Ähem, ja… Also: Die Voraussetzung für gute Detektivarbeit ist, dass man im Detail auf alles schaut, was von Bedeutung sein kann. Das muss sich jeder, der gute Detektivarbeit leisten will, immer wieder vor Augen halten.“
Sherlock Holmes: „Wollen Sie jetzt nicht auch noch mitteilen, was Sie aufgrund des Umstandes, dass Sie endlich zu der soeben von Ihnen erklärten Erkenntnis gekommen sind, noch zusätzlich herausgefunden haben?“
Winfried Sobottka: „Doch, sehr gern sogar. Also: Indem ich alle Stellen im Urteil aufspürte, in denen es irgendwie um die Telefonkabel geht, stieß ich auch auf die Darstellungen von Philipp Jaworowski selbst. Und tatsächlich enthalten sie ein interessantes Detail, das mir bisher noch nicht bekannt war, das aber einen hohen Wert hat: Auch dem bei Philipp gefunden Kabel war der Stecker abgetrennt worden:
Mr. Holmes, Philipp wird vom Gericht mit den Worten zitiert: „Er habe mit einer Hand den Stecker aus der Steckdose gezogen. Diesen habe er später zu Hause abgeschnitten.“
Er erklärt also, den Telefonstecker zu Hause vom Kabel abgeschnitten zu haben. Warum lässt das den Schluss zu, dass von dem bei ihm gefundenen Telefonkabel tatsächlich der Stecker abgetrennt worden sei / fehle? Immerhin lügt Philipp ja an vielen Stellen unbestreitbar.“
Sherlock Holmes: „Nun, bereits aufgrund dokumentierter Äußerungen des Prof. Hebebrand ergibt sich, dass Philipp unter dem Druck stand, möglichst passend zu den festgestellten Tatsachen zu „gestehen“, um nicht die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts zu riskieren, und gerade hinreichende Erklärungen betreffend die Herkunft eines zweiten Kabels sind ja explizit von Prof. Hebebrand angefordert worden – nachdem der sachverständige Zeuge Minzenbach vom LKA Düsseldorf ausgesagt hatte.
Wer sich die beiden Fundstellen ansieht, die über den LINK oben erreichbar sind, dem fällt auf, dass Philipp einmal zitiert wird, er habe zu Hause den Stecker vom Kabel abgeschnitten, beim andern Male aber, der Kabelrest unter der Leiche sei wohl beim Drosseln abgerissen worden.
In beiden Fällen redet Philipp nur von ein und dem selben Kabel, obwohl er zweimal etwas anderes erklärt, aber eines ist in beiden Fällen das Selbe: Das Kabel wurde geteilt, in ein langes Kabelstück und ein kurzes Reststück mit Stecker.
Fragt man sich, warum Philipp im Urteil kurz aufeinander folgend mit zwei unterschiedlichen Erklärungen zitiert wird, einmal soll das Kabel beim Drosseln gerissen sein, einmal will er es zu Hause mit einem Schneidwerkzeug geteilt haben, dann findet man eine plausible Antwort, wenn man den Prozessverlauf ein wenig kennt.
Bereits am 23. Februar 2007 berichtete Bild, dass Philipp über den Tathergang ausgesagt habe. Doch erst am 24. April 2007 sorgte der LKA-Kriminaltechniker Minzenbach für überraschende Klarheit hinsichtlich der Kabel, und daraufhin wurden neue Erklärungen von Philipp gefordert, z.B. von Prof. Hebebrand. Also äußerte er sich hinsichtlich der Kabel noch einmal.
Es steht anzunehmen, dass Philipps Version des Abreißens des Steckers beim Drosseln die ursprüngliche Version war, die zu dem Zeitpunkt die plausibelste gewesen sein dürfte. Da Minzenbach aber u.a. klar gestellt hatte, dass der Kabelrest unter der Leiche nichts mit dem bei Philipp gefundenen Kabel zu tun habe, war die Version des Abreißens beim Drosseln nicht mehr zu halten. Dass dann aber eine andere Version herhalten musste, die letztlich auch bedeutete, dass dem bei Philipp gefundenen Kabel der Stecker fehlte, lässt nur einen Schluss zu: Dem bei Philipp gefundenen Kabel fehlt tatsächlich der Stecker. Es steht auch nicht anzunehmen, dass Philipp es gewagt hätte, dem Gericht vorzulügen, er hätte den Stecker abgeschnitten, wenn dem Kabel der Stecker nicht gefehlt hätte. Ich setze 1000 Sovereigns gegen einen Euro-Cent: Dem bei Philipp gefundenen Kabel fehlt der Stecker.“
Winfried Sobottka: „Vor Minzenbachs Aussage hätte es auf den ersten Anschein also bestens gepasst: Drosselkabel beim Drosseln gerissen, ein Teil blieb unter der Leiche, und das Restteil fand man bei Philipp?“
Sherlock Holmes: „Genau.“
Winfried Sobottka: „Da wir nun aber wissen, dass der Kabelrest unter der Leiche nicht zu dem bei Philipp gefundenen Kabel passt, wird die Manipulation damit sogar noch deutlicher, weil erkennbar der falsche Eindruck erweckt werden sollte, dass es zwei Teile des selben Kabels seien?“
Sherlock Holmes: „Sie sagen es.“
Winfried Sobottka: „Aber solche Mäzchen können doch nicht gut gehen, wenn eine seriöse kriminaltechnische Untersuchung zu erwarten ist.“
Sherlock Holmes: „Eben, dann können sie nicht gut gehen. Es muss im LKA NRW anders gelaufen sein, als die Täter sich das gedacht hatten. Möglicherweise hat nur ein kleiner Zufall alles durcheinander gebracht. Vielleicht hatte Thomas Minzenbach die Sachen nur deshalb auf seinem Tisch, weil ein Kollege, der sie sonst auf seinem Tisch gehabt hätte, gerade mit Fieber im Bett lag.“
Neueste Kommentare