Belljangler: „Wirtschaftsexperte Winfried Sobottka, deutsche Medien loben Griechenland dafür, dass es im 1. Quartal 2011 ein Wachstum von 08,% gegenüber dem 4. Quartal in 2010 geschafft habe, während Portugal insofern ein Minus von 0,7 % zu verzeichnen habe…“
Winfried Sobottka: „Daran kann man ablesen, dass die Medien Griechenland plötzlich schön lügen wollen. Denn Griechenland hat im Vergleich zum 1. Quartal 2010 ein Minus von 4,8% zu verzeichnen, während Portugal im Vergleich zum 1. Quartal 2010 ein Minus von ebenfalls 0,7% zu verzeichnen hat. Griechenland ist in 2010 also tiefer gefallen als Portugal, vor diesem Hintergrund sind die 0,8% Wachstum gegenüber dem 4. Quartal 2010 zu sehen…
Außerdem sind Vergleiche mit Vorquartalen durch saisonale Schwankungen (Winterwetter/Frühlingswetter usw.) belastet, so dass der Vergleich mit dem gleichen Quartal des Vorjahres üblicherweise einen besseren Eindruck vermittelt – und damit steht Portugal in der Entwicklung besser da.“
Belljangler: „Warum lügen die Medien Griechenland schön?“
Winfried Sobottka: „Das werden wohl nicht nur die Medien tun, vermutlich steckt auch griechische Politik dahinter. Dafür hat sie verschiedenene Möglichkeiten, deren Anwendung man nur erkennen kann, wenn man detaillierte Zahlen bekommt. Wie hoch war z.B. das öffentliche Investitionsvolumen im letzten Quartal 2010, wie hoch im ersten Quartal 2011? Hat man z.B. im letzten Quartal 2010 öffentliche Investitionen zurückgehalten, die man im 1. Quartal 2011 dann getätigt hat, dann kann sich bereits so ein leichtes Wachstum ergeben haben. Tatsache ist, dass die griechische Regierung sowohl dem eigenen Volk als auch der EU und den Finanzmärkten sehr gern Lichtblicke vorführen möchte, und die Griechen gehören zu den Weltmeistern im Tricksen, haben sogar das trojanische Pferd erfunden…“
Belljangler: „Hier sind übrigens Screenshots von dem Artikel, der die genannten Zahlen enthält:



Dem Wolfgang Schäuble und seinen „Fachleuten“ hast Du Ahnungslosigkeit vorgeworfen. Weshalb?“
Winfried Sobottka: „Hier zunächst ein Ausschnitt aus einem Online-Artikel des SPIEGEL, Screenshots des ganzen Artikels sind am Ende dieses Beitrags einsehbar:

Die Behauptung, die griechischen Schulden würden infolge einer Währungsumstellung drastisch steigen, ist absoluter Unsinn – infolge der Währungsumstellung würden sie überhaupt nicht steigen, sondern gleich bleiben. Was dann passierte, läge an der griechischen Finanz- und Wirtschaftspolitik.
Hjalmar Schacht hat es vorgemacht, wie ein hoffnungslos überschuldetes Land vorgehen kann. Allerdings war er erstens genial, zweitens unbestechlich auf die Sache konzentriert. Der korrupte und dekadente Haufen griechischer Politiker wird dementgegen so oder so nicht in der Lage sein, etwas Gescheites zu machen – wenn die Geld sehen, denken sie nur daran, wie sie es in ihre Taschen bekommen können, und ansonsten können sie gar nicht denken. Auf dieser Basis werden Griechenlands Schulden so oder so drastisch steigen, ob mit Euro, mit Drachme, mit Dollar, Yen oder was auch immer..“
Belljangler: „Schäuble malt Riesenverluste für den deutschen Staat, die Europäische Zentralbank und Privatbanken an die Wand, für den Fall, dass Griechenland zur Drachme zurückkehrt:

Winfried Sobottka: „Davon ist allerdings auszugehen. Doch träfe es da erstens nicht die Falschen, und zweitens werden die Verluste sogar noch größer werden, wenn Griechenland beim Euro bleibt. Schäuble wird schon gewusst haben, warum er keine Gegenrechnung präsentierte…
Tatsache ist jedenfalls – unabhängig von allem anderen – dass die griechische Wirtschaft mit der Drachme auf einen höheren Wachstumspfad gelangte, weil Importe gedrosselt, Exporte beflügelt würden. Und dem höheren Wachstumspfad entspricht letztlich auch ein geringeres Schuldenproblem. Zudem hätte Griechenland seine finanz- und wirtschaftspolitische Souveränität zurück, könnte also wesentlich besser auf alle Probleme reagieren.“
Belljangler: „Was würde Hjalmar Schacht machen?“
Winfried Sobottka: „Wenn ich von dem ausgehe, was er gemacht hat, dann würde er erst die Drachme einführen, um eine schwache Außenwährung zu haben, zweitens den Kapitaldienst (Tilgung plus Zinsen) an Ausländer vorübergehend auf fast null hinab drücken (Scrips statt Tilgung und Zinszahlungen in Geld, Auszahlung in Geld nur von 3% Zinseszinsen). Zudem entsprach es der Mentalität Schachts, dass er in einem von Korruption verlausten Staate die Korruption gnadenlos bekämpft hätte.
Auf der beschriebenen Basis würde Schacht dann sein Bestes geben, um Binnenwirtschaft und Export bei vertretbarer Inflationsrate anzukurbeln – was er damals auch getan hat. Schacht war zeitweise sowohl Reichsbankpräsident als auch Wirtschaftsminister, und hatte es geschafft, der Mark einen schwachen Außenwert zukommen zu lassen, zugleich aber für eine ziemliche Stabilität ihres Binnenwertes zu sorgen.“
Belljangler: „Ein schwacher Außenwert ist nicht gerade günstig, wenn ein Land hohe Schulden in stabilen Fremdwährungen hat…“
Winfried Sobottka: „Griechenland kommt, wenn nicht gigantische Geldgeschenke auf Athen regnen sollten, definitiv nicht an einem ungewöhnlichen Umgang mit seinen Auslandsschulden vorbei – es fragt sich nur, wie geschickt oder ungeschickt er gestaltet wird. Die Vorgehensweise von Hjalmar Schacht ist nicht unbedingt Enteignung, sondern auch dazu geeignet, Schulden dann zurückzuzahlen, wenn das Land es sich einmal leisten können sollte, und die Vorgehensweise von Schacht insgesamt ist geeignet, ein überschuldetes Land aus dem Dreck zu ziehen.
Irgendwie war es zwar halbseiden, was Schacht gemacht hat, aber es gab definitiv keine erträgliche Alternative dazu. Auch seine Finanzierung der Rüstungsproduktion mit Luftwechseln war zwar sehr raffiniert, nach konservativen Ansichten aber nicht unbedingt sehr seriös. Mit einem solchen Finanzierungsprogramm könnte Griechenland anstatt von Rüstung Arbeitsplätze in zukunftsträchtigen Bereichen finanzieren.“
Belljangler: „Wenn Griechenland auf solche Ideen kommen sollte, dann wird es im Ausland niemanden mehr finden, der ihm Geld leiht…“
Winfried Sobottka: „Wenn Griechenland den Kapitaldienst an das Ausland fast völlig aussetzt, dann braucht es auch keine zusätzlichen Auslandsschulden mehr aufzunehmen, wenn es ansonsten klug und sauber vorgeht. Vielleicht müsste man dafür die Todesstrafe für Korruption einführen und überführte Täter öffentlich aufhängen, um es überspitzt zu sagen. Tatsache ist, dass ein von Korruption, Unfähigkeit und Selbstherrlichkeit geführtes Land unter allen Umständen letztlich Baden geht.“
Belljangler: „Was hätte Hjalmar Schacht sonst noch getan?“
Winfried Sobottka: „Als Wirtschaftsminister und auch als Hauptverantwortlicher für die Geldpolitik hat er alles ihm mögliche getan, um soviel Beschäftigung wie möglich zu organisieren. Es wäre z.B. undenkbar gewesen, dass Deutschland lohnintensiv produzierte Produkte eingeführt hätte, während eine große Zahl Deutscher arbeitslos gewesen wären. Griechenland müsste ausländische Billigwaren mit Zöllen abwehren, um griechischer Produktion zu vernünftigen Löhnen den Weg frei zu machen, z.B.“
Belljangler: „Was wurde aus den Scrips des Hjalmar Schacht?“
Winfried Sobottka: „Die wurden zu ca. 20% des nominalen Anleihenwertes an den Finanzmärkten gehandelt, und zu dem Kurs immer mal wieder von der Reichsbank angekauft: 20 Dollar zahlen, 100 Dollar Schulden los werden….“
Belljangler: „Du würdest gern in Griechenland…?“
Winfried Sobottka: „Nein, würde ich nicht. Mit selbstherrlichen, korrupten und dummen Politikern kann man nichts Gescheites auf die Beine bekommen. Ich habe eine vergleichbare Erfahrung gemacht, mit dem damaligen Gesellschafter-Geschäftsführer einer Nixdorff-Werksvertretung. Damals, als sog. Mittlere Datentechnik (MDT) noch das Nonplusultra für mittelständische Betriebe war, bei Nixdorff die 8870-Reihe, bei IBM die Serien /34 und /36.
Ich hatte auftragsgemäß sein Unternehmen durchleuchtet – bis auf die Finanzen. In dem Laden herrschten Schlendrian und Überforderung nebeneinander, an Projekten arbeitende Programmierer mussten nebenher den technischen Telefondienst erledigen, und natürlich konnte jeder programmieren, wie er wollte, wobei das Hauptkriterium bei der Einstellung von Programmierern war, dass sie billig sein mussten.
Nichts fand planmäßig statt, es war ein Chaos, das nicht zuletzt die Kunden zu spüren bekamen, die oftmals über den Leisten gezogen wurden. Es war klar, dass der Betrieb so untergehen würde. Der Geschäftsführer war dreifach beeindruckt – erstens von der Sachlichkeit meiner Arbeit, zweitens, dass ich, damals 27, es an allen innerbetrieblichen Widerständen vorbei geschafft hatte, mir den nötigen Einblick zu verschaffen, drittens, dass ich auch noch den Mut hatte, ihm meine Erkenntnisse ungeschminkt auf den Tisch zu legen.
Er wollte die Änderung, war aber nicht bereit zu ändern. Immer wieder gab es Gruppengespräche mit den Abteilungsleitern usw., immer wieder mussten sie ihm versprechen, Angemahntes auf den Weg zu bringen – doch es tat sich absolut gar nichts. 18 Monate später war der Laden dicht.
Argumente zählen nicht, wenn Leuten der entschiedene Wille fehlt, ihnen zu folgen. Man kann nicht duschen, ohne nass zu werden.
Ich traue es der griechischen Regierung absolut nicht zu, sich konsequent im Sinne des ganzen Landes an der Vernunft zu orientieren. Wäre sie dazu in der Lage, dann säße sie nämlich nicht so sehr in der Patsche. Zweifellos hat es in Griechenland zu jedem Zeitpunkt kluge Stimmen gegeben, die da sagten: „So darf es nicht weitergehen! Ihr macht das und das falsch!“ Und zweifellos hat die Regierung darauf stets geschissen, aus Dummheit, Eigennutz, oder um den Reichen gefällig zu sein. Dieser Regierung könnte nur ein wahres Wunder helfen, sonst gar nichts.“
Spiegel-Artikel in Screenshots:




Und noch ein Bild:

Dipl.-Kfm. Winfried Sobottka
Einige heiße LINKS:
http://anarchistenboulevard.blogspot.com/2009/12/matthias-lang-erlangen-und-die-bild.html
http://www.freegermany.de/morde/boris-f/boris-f.html
https://belljangler.wordpress.com/2011/01/15/warnung-an-thomas-kutschaty-betreffend-jva-bochum-und-philipp-jaworowski/
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